19. August 2020

How To Talk – Wie Spra­che unsere Haltung verändert

Um mit der eige­nen Persön­lich­keit und den eige­nen Ressour­cen spre­chen zu lernen, arbei­ten wir in unse­ren Trai­nings mit verschie­de­nen Ebenen. Grafik: Karl Bredemeyer

Vor ziem­lich exakt sechs Mona­ten saßen ein paar von uns im Büro zusam­men und haben ein Trai­ning konzi­piert. Zu zweit stan­den wir am Flip­chart und malten aufge­regt Kreise und Pfeile und Denk­bla­sen für das Modell von How To Talk. Wir konn­ten sie schon vor uns sehen: Die Menschen in unse­rem Büro, wie deren verschie­dene Tonla­gen bei den Stimm­übun­gen eine summende Wolke bilden würden. Auch die kurzen Pausen bei den Sprech­übun­gen konn­ten wir hören, das Stocken, wenn wir umden­ken müssen. Das Lachen, wenn sich Dyna­mi­ken in den Zwei­er­grup­pen gebil­det haben und die gelöste Stille bei den Atem­übun­gen fühlen. 

Womit wir nicht rech­ne­ten: Unsere Teilnehmer*innen in Brea­kout-Sessi­ons zu schi­cken und Zoom-Warte­räume zu über­wa­chen. Und vor allem nicht damit, die ersten Meet­ups im eige­nen Wohn­zim­mer zu leiten. Nun, es war dann so und wir haben gleich selbst rich­tig viel gelernt. Zum Beispiel, dass remote Meet­ups eine Chance für intro­ver­tierte Perso­nen sind, denen es schwer­fällt, zu einer Gruppe Menschen an einem frem­den Ort zu stoßen. Wir waren in einer Situa­tion, in der wir pande­mie­be­dingt gezwun­gen waren, uns auf den abso­lu­ten Kern unse­res Trai­nings, zu konzen­trie­ren: gespro­chene Sprache. 

Entspannt zu spre­chen kann man lernen

Genau darum geht es auch in unse­rem Trai­ning How To Talk am 18. und 19. Septem­ber 2020. Wir sind davon über­zeugt, dass es beim Spre­chen darum geht, eine rele­vante Botschaft zu vermit­teln – und dass alle Menschen das prin­zi­pi­ell können: Sogar ohne unzäh­lige Rheto­rik­aus­bil­dun­gen, Darstel­lungs­trai­nings und auch ohne eine ausge­prägte Neigung, gern vor Publi­kum zu stehen. Wir sind über­zeugt, dass wir alle mit unse­rer indi­vi­du­el­len Persön­lich­keit und den Voraus­set­zun­gen, die wir mitbrin­gen, in der Lage sind, zu spre­chen. Uns verständ­lich zu machen und das sogar genie­ßen zu können. Selbst wenn wir bisher mit der Idee gelebt haben, „Spre­chen sei nicht so unser Ding.“ 

Basie­rend auf dieser Annahme und Erfah­rung haben wir hand­lungs­ori­en­tierte Lear­nings und inhalt­li­che Impulse gesam­melt. Deren Inhalte setzen sich aus unse­rer Haltung und Metho­dik im Coaching  und aus ande­ren Erfah­rungs­be­rei­chen, wie Stimm­bil­dung, Storytel­ling und Simul­tan­dol­met­schen zusam­men. Da Spre­chen ein körper­li­cher Vorgang ist, bezieht unser Sprach-Modell Körper­ar­beit mit ein, genauso wie nonver­bale Kommu­ni­ka­tion und inter­ak­tive Sprech­si­tua­tio­nen. Wir arbei­ten mit Perspek­tiv­wech­seln aus dem Coaching­be­reich und daran, indi­vi­du­elle Stär­ken einzu­set­zen. So werden die Mecha­nis­men der Spra­che und die Möglich­kei­ten der Einfluss­nahme erfahr­bar. Gleich­zei­tig ist das Ziel, einen Zugang zum eige­nen Spre­chen zu finden, um authen­tisch mit der eige­nen Persön­lich­keit arbei­ten zu können. Dir Erfah­rung zeigt: Je weni­ger wir uns verstel­len, desto weni­ger mental über­la­den sind wir, desto natür­li­cher und entspann­ter können wir sprechen. 

Arbeit mit der eige­nen Persönlichkeit 

Wenn wir Rele­van­tes zu sagen haben, müssen wir nicht faken. Wir können unser Gegen­über inhalt­lich über­zeu­gen, Reso­nanz erzeu­gen statt es mit rheto­ri­schen Kunst­stück­chen zu mani­pu­lie­ren. Auch Konflikte lassen sich mit einem bewuss­ten Spre­chen anders verhan­deln. Spra­che ist Verbin­dung und so werden wir uns in dem Trai­ning auch auf die Verbin­dung zu uns selbst, der eige­nen Stimme und der Atmung konzen­trie­ren. Genauso rele­vant ist die Inter­ak­tion mit der Umwelt. Durch die Arbeit an der Haltung beein­flus­sen wir die Wort­wahl. Dafür haben unsere Teilnehmer*innen die Möglich­keit, in Klein­grup­pen verschie­dene Metho­den auszu­pro­bie­ren und aktiv ins Spre­chen zu kommen. Wir wech­seln wir zwischen theo­re­ti­schen Impul­sen, körper­li­chen wie lingu­is­ti­schen Praxis­ele­men­ten, Refle­xio­nen und Tech­ni­ken aus dem Coaching. So entsteht eine Verbin­dung zwischen unbe­wusst erfahr­ba­ren und kogni­ti­ven Verständnismechanismen.

Das Trai­ning rich­tet sich an Führungs­kräfte, Coaches, Spea­ker und Vertriebs­mit­ar­bei­ter, die mit ihrer Spra­che und Kommu­ni­ka­tion weiter­ler­nen und dabei ihre eigene Persön­lich­keit wahren wollen. Und an alle, die gern mehr aus ihren Gesprä­chen machen möch­ten. Das Trai­ning findet online statt. Wir werden an zwei Tagen à vier Stun­den über Zoom und mit verschie­de­nen Tools mitein­an­der arbei­ten. Und dann werden wir es doch hören, das Lachen, wenn Sätze ganz unge­wohnt klin­gen, wir werden auch vor der Kamera sehen, wie sich Körper­hal­tun­gen verän­dern, wie fragende Blicke zu stau­nen­den zu verste­hen­den werden. Weil wir Menschen so viel mit Spra­che bewir­ken und verän­dern können, dass wir jedes Wissen dazu teilen möchten. 

Hier geht es zur Anmel­dung für “How to talk” am 17.09.2020 von 14 bis 18 Uhr und am 18.09.2020 von 12 bis 16 Uhr. 

1. Juli 2020

Hat eure Orga­ni­sa­tion mehr Ampeln oder mehr Kreisverkehre?

Wie bitte? Ja, genau in diesem Arti­kel geht es noch­mal um Meta­phern, um genau zu sein um Ampeln und Kreis­ver­kehre. In meinem letz­ten Beitrag haben wir uns genauer ange­se­hen, warum es zum einen hilf­reich sein kann, im Arbeits­all­tag gezielt Meta­phern zu nutzen, zum ande­ren was Orga­ni­sa­tio­nen mit dem Flug­zeug und dem Flie­gen gemein haben können.

Im Allge­mei­nen

Lasst uns in diesem Arti­kel zuerst die Ampeln und Kreis­ver­kehre dieser Welt in ihrem eigent­li­chen Umfeld betrach­ten. Kreu­zun­gen hatten natür­lich nicht schon immer Ampeln. Am Anfang galt mehr oder minder das Recht des Stär­ke­ren oder Schnel­le­ren an einer Kreu­zung. Mit der Zeit nahm der Verkehr zu und es wurden Stopp­schil­der einge­führt, zeit­weise wurde der Verkehr an einer Kreu­zung sogar von Poli­zis­ten gesteu­ert – eine eher teure Lösung. Mit der Einfüh­rung der Ampel wurde das Vorfahrts­recht auto­ma­tisch gere­gelt. In einer weite­ren Entwick­lungs­stufe der Kreu­zun­gen wurde der Kreis­ver­kehr einge­führt. Durch den Kreis­ver­kehr erlang­ten die Fahr­zeug­füh­rer in einer sorg­fäl­tig gestal­te­ten Umge­bung wieder die Möglich­keit, selber zu bestim­men, wann sie fahren und wann sie anhalten.

Kurz zusam­men­ge­fasst regeln Ampel und Kreis­ver­kehre die Vorfahrtsrege­lung, sprich den Verkehrs­fluss. Ein Kreis­ver­kehr ermög­licht einen höhe­ren Verkehrs­fluss, gerin­gere Warte­zei­ten und Unfälle für Fahrer und andere Verkehrs­teil­neh­mer, sowie gerin­gere Betriebs­kos­ten für Bund und Länder. Inter­es­san­ter­weise beschreibt Frede­ric Laloux in seinem Buch ‚Reinven­ting Orga­niza­ti­ons‘ eine vergleich­bare Entwick­lung von Orga­ni­sa­tio­nen von der Meta­pher des Wolfes, über das Mili­tär, die Maschine und Fami­lie bis hin zu leben­den Organismen.

In Orga­ni­sa­tio­nen

Wie lassen sich jetzt Ampeln und Kreis­ver­kehre auf Orga­ni­sa­tio­nen über­tra­gen? Im Prin­zip ist das ganz einfach. „Ampel-Orga­ni­sa­tio­nen“ sind mit der „Mili­tär-Orga­ni­sa­tio­nen“ von Frede­ric Laloux vergleich­bar. Das System der Orga­ni­sa­tion muss jedem Mitar­bei­ter vermit­teln, wann er was zu tun hat, daher muss jeder Mitar­bei­ter vorher­seh­bar reagie­ren (Vergleich: Losfah­ren und Anhal­ten an einer Ampel) — ganz ähnlich einer konfor­men „Command & Control“-Haltung.

„Kreis­ver­kehr-Orga­ni­sa­tio­nen hinge­gen sind mit den evolu­tio­nä­ren „Orga­ni­schen-Orga­ni­sa­tio­nen“ von Frede­ric Laloux beschreib­bar. Das System der Orga­ni­sa­tion über­lässt den Mitar­bei­tern, selber zu entschei­den, wann sie etwas tun. Die Mitar­bei­ter bezie­hen ihr Umfeld inner­halb und außer­halb der Orga­ni­sa­tion in ihren Entschei­dungs­pro­zess mit ein. Dies erfor­dert sehr viel Situa­ti­ons­be­wusst­sein, also eine klare Sicht­bar­keit der übri­gen Tätig­kei­ten inner­halb der Orga­ni­sa­tion. Neben dem Situa­ti­ons­be­wusst­sein sind „Kreis­ver­kehr-Orga­ni­sa­tio­nen“ beson­ders Verant­wor­tung und Auto­no­mie, die den Mitar­bei­tern gewährt wird, geprägt.

Inner­halb von Orga­ni­sa­tio­nen ist der Verkehrs­fluss und die Vorfahrts­re­ge­lung mit der Prio­ri­sie­rung und Selbst­be­stim­mung der Arbeit vergleich­bar. Kreis­ver­kehre selber und die Meta­pher für die Selbst­be­stim­mung inner­halb einer Orga­ni­sa­tion sind nicht neu. Gleich­zei­tig hat sich in den letz­ten Jahren vieles auf tech­no­lo­gi­scher Seite getan. Moderne Soft­ware­lö­sun­gen ermög­li­chen es nun, das notwen­dige Situa­ti­ons­be­wusst­sein über die Gren­zen von ein paar hundert Mitar­bei­tern bis zu tausen­den von Mitar­bei­tern hinaus zu schaf­fen. Kolla­bo­ra­ti­ons­soft­ware ermög­licht die reibungs­lose Zusam­men­ar­beit über die Gren­zen des Büros oder natio­nale Stand­orte hinaus, sowie Trans­pa­renz über die bisher erbrach­ten Arbei­ten und die geplan­ten Arbei­ten. Mitar­bei­ter können sich somit selber einen Über­blick über getrof­fene Entschei­dun­gen und Arbeits­fort­schritte verschaf­fen und selbst­stän­dig ihre Arbeits­pa­kete planen.

Heraus­for­de­run­gen von Kreis­ver­keh­ren in Organisationen

Hier stel­len sich einige wich­tige Fragen: Wie sind aktu­ell die Vorfahrts­re­geln und damit der Verkehrs­fluss inner­halb meiner Orga­ni­sa­tion gere­gelt? Wohin ist meine Orga­ni­sa­tion aktu­ell unter­wegs? Klar ist, dass das selbst­be­stimmte Arbei­ten andere Fähig­kei­ten der Mitar­bei­ter stär­ker benö­tigt. Gleich­zei­tig ist es wich­tig das System inner­halb der Orga­ni­sa­tion umzu­stel­len, damit Mitar­bei­ter eine klare Sicht auf die Akti­vi­tä­ten der Kolle­gen haben. Dieses Situa­ti­ons­be­wusst­sein ist zwin­gend notwen­dig, um Mitar­bei­tern Verant­wor­tung und Auto­no­mie für ihre Entschei­dun­gen zu geben, damit sie durch nieman­den beein­flusst werden. Und schließ­lich muss das Führungs­team in der Lage sein die Zügel loszulassen.

Eine Orga­ni­sa­tion muss sich also erst über seine aktu­elle Situa­tion bewusst sein, ein klares Bild haben, wohin die Reise gehen soll, um dann in der Lage zu sein zu entschei­den, was wie schritt­weise getan werden soll. In der Umset­zung kommt es dann auf zwei wich­tige Bausteine an. Zum einen auf das gewählte Modell des Verkehrs­flus­ses und zum ande­ren den Aufbau von Fähig­kei­ten zum selbst­be­stim­men auto­no­men Arbei­ten unter den Mitarbeitern.

Falls ihr euch auf eine solche Reise bege­ben wollt, freuen wir uns sehr darauf, mit euch über eure ganz persön­li­chen Heraus­for­de­run­gen zu sprechen!

27. Mai 2020

Was die Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion und die Finanz­pla­nung mit einem Flug­zeug gemein haben!

Grafik: Karl Bredemeyer

Auch ohne der große Redner zu sein nutze ich in meiner tägli­chen Arbeit mit Kolle­gen und Kunden sehr häufig Meta­phern, um mich auszu­drü­cken — etwa, wenn ich versu­che zu erklä­ren, warum agile Projekte häufig länger dauern als klas­si­sche.

Nicht nur im Alltag, sondern auch im Beruf, lassen sich viele Meta­phern finden. Sehr häufig aus dem Bereich Sport oder dem Tier­reich. Ebenso häufig bezie­hen sich diese auf Perso­nen oder Teams, aber nur sehr selten auf die Kern­pro­zesse eines Unter­neh­mens oder das Unter­neh­men als Ganzes. Daher möchte ich euch zwei Meta­phern, die ich als äußerst hilf­reich erachte, näher­brin­gen, ange­lehnt an die Arbeit „Bilder der Orga­ni­sa­tion“ von Gareth Morgan (1997). Zuerst – die Meta­pher in a nutshell:

Das sprach­li­che Stil­mit­tel – Die Metapher

Das Wort „Meta­pher“ kommt aus dem Grie­chi­schen und bedeu­tet „bild­haft Umschrei­ben“ oder „bild­li­cher Ausdruck“. Aus sprach­li­cher Perspek­tive werden Meta­phern als Stil­mit­tel einge­setzt, dabei wird das eigent­li­che Wort (oder die Wort­gruppe) durch ein „Bild“ einer ande­ren Begriffs­gruppe ersetzt. Wie zum Beispiel:

  • Den Ball flach halten
  • Warte­schlange
  • Adler­au­gen
  • Das riecht hier ja wie im Pumakäfig

Durch diese „Sprach­bil­der“ wird die Kommu­ni­ka­tion akti­viert und belebt. Diese bild­haft-meta­pho­ri­sche Arbeits­tech­nik führt bei passen­der Wahl zu einer Reduk­tion der Komple­xi­tät und der Möglich­keit, Zusam­men­hänge aus einem Neuen bis verschlos­se­nen Blick­win­kel zu betrach­ten. Meta­phern rufen bei uns Bilder in den Kopf, die es leich­ter machen, sich etwas zu merken oder sich mit etwas zu iden­ti­fi­zie­ren, nicht nur auf der kogni­ti­ven- also rationalen‑, sondern auch auf der emotio­na­len Ebene.

Die Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion und das Flugzeug

Ein paar meiner Kolle­gen vom Netz­werk­kno­ten und ich haben vor Kurzem an einem Work­shop der Flight Levels Academy teil­ge­nom­men. Es geht in diesem Beitrag nicht im Detail um das Gedan­ken-Modell der Flight Levels. Es geht um die Meta­pher des Flug­zeugs, die Klaus Leopold von der Flight Levels Academy exzel­lent verwen­det, um einen konstruk­ti­ven Dialog über Team- und Busi­ness Agili­tät zu führen. Kurz zusam­men­ge­fasst besagt das Modell folgendes:

Level 1 – Je nied­ri­ger ein Flug­zeug fliegt, desto näher ist es zur Erdober­flä­che und es lässt sich das tägli­che trei­ben der Menschen gut erken­nen (Sprich, das Arbei­ten in opera­tio­nel­len Teams).

Level 2 – Je höher das Flug­zeug fliegt, auf desto mehr Flug­zeuge wird es tref­fen und muss sich mit diesen über Flug­rou­ten und der Glei­chen abstim­men (Sprich, die Koor­di­na­tion zwischen mehre­ren Teams, Services oder Produk­ten, um einen Kunden­wert zu generieren).

Level 3 – Je mehr Flug­zeuge unter­wegs sind, desto höher ist das Risiko einer Kolli­sion und daher stim­men sich nicht alle Flug­zeuge einzeln unter einan­der ab, sondern arbei­ten mit der Flug­über­wa­chung zusam­men (Sprich, lassen sich unsere stra­te­gi­schen Ansätze in aktu­elle Produkte und Entwick­lun­gen umset­zen und wie ist der aktu­elle Stand).

Mit Hilfe dieser Meta­pher macht Klaus Leopold sein Model greif­ba­rer: er bringt durch die Meta­pher des Flie­gens ein Bild ins Bewusst­sein, das durch seine Verall­ge­mei­ne­rung hilft, eine Gruppe schnel­ler zu einem einheit­li­chen Verständ­nis zu bringen. 

„Je höher man fliegt, desto mehr Über­blick hat man, man sieht aber auch weni­ger Details. Je nied­ri­ger man fliegt, desto mehr Details sieht man, aber man über­blickt nicht mehr die gesamte Landschaft.“

Klaus Leopold, Leanability

Der Finanz­plan und das Flugzeug

Ebenso verwen­det Julius Bach­mann von Volate die Meta­pher des Flie­gens. Gleich­zei­tig setzt er diese in einem ganz ande­ren Kontext ein. Er nutzt sie, um zu erklä­ren, wie spezi­ell Early-Stage-Start­ups in extre­men Zeiten durch die Meta­pher des Flie­gens einen besse­ren Blick­win­kel auf ihre Finan­zen erhal­ten können. Statt mit dem Finanz­plan einen Ausblick darüber zu geben, wie sich das Unter­neh­men erwar­tungs­ge­mäß entwi­ckeln wird, empfiehlt Julius Bach­mann mit seiner Heran­ge­hens­weise, dass die Wunsch­ent­wick­lung des Unter­neh­mens abge­bil­det wird. Er kombi­niert seine Meta­pher daher mit einem ande­ren wert­vol­len Werk­zeug, nämlich der Methode des “Back­cas­ting“, aber seht selbst:

Beim Flie­gen weiß der Pilot immer, welcher Flug­ha­fen der nächste für eine theo­re­ti­sche Notfall­lan­dung ist. Bei Kurz- und Mittel­stre­cken­flü­gen gibt es hier häufig zahl­rei­che Möglich­kei­ten zwischen Start- und Ziel­flug­ha­fen. Bei Lang­stre­cken­flü­gen wiederum, wie einer Atlan­tik­über­que­rung, sieht das anders aus. Daher führt die Flug­route nah an Island vorbei auch wenn es nicht der direk­teste Weg ist. Auf dieser Flug­route bestehen eine Hand­voll von Möglich­kei­ten. Falls ein Notfall eintritt, weiß der Pilot welche Flug­route er zum Notfall­flug­ha­fen wählen muss.

Prozess: Zuerst stellt man sich eine wünschens­werte Zukunft für das eigene Unter­neh­men vor („Ein Flug­zeug hebt nur ab, wenn es auch einen Ziel­flug­ha­fen hat“). Von dieser wird dann rück­wärts zum heuti­gen Zeit­punkt gear­bei­tet mit dem Ziel, den Geschäfts­mo­dus für das Unter­neh­men zu finden, in dem es am längs­ten über­le­ben kann („…die Lande­bahn für eine Notlan­dung zu kennen“).

Das verein­fachte Model sieht wie folgt aus: 

Die Geschäfts­füh­rung plant somit rück­wärts, ausge­hend von einer zukünf­ti­gen Wunsch­vor­stel­lung und der aktu­el­len Liqui­di­täts­pla­nung, wie sich Planungs­maß­nah­men auf den opera­ti­ven Cash Flow (OCF), den Deckungs­bei­trag und die Umsatz­pla­nung auswir­ken. Ebenso muss der wich­tige Über­trag in den Funnel von Lead­ge­ne­rie­rung im Bereich Vertrieb und Marke­ting statt­fin­den. Eine weiter­füh­rende Erklä­rung des Modells findet ihr hier.

Schritte drei und vier sind hier­bei die essen­ti­ell wich­ti­gen, da hier die Geschäfts­füh­rung aufge­for­dert ist, sich von den jetzi­gen gege­be­nen Rahmen­be­din­gun­gen und Fakto­ren zu lösen, und sich das ideale Unter­neh­mens­sze­na­rio vorzustellen.

Wich­tig hier­bei ist, dass es bei der Arbeit mit Meta­phern auch immer auf die Zuhö­rer und ihre Blick­win­kel auf den Sach­ver­halt ankommt. Durch die Arbeit mit Meta­phern lassen sich Erwar­tun­gen abste­cken, verschie­dene Perspek­ti­ven disku­tie­ren oder Gemein­sam­kei­ten aufde­cken. Häufig eröff­nen sich neue Denk­rich­tun­gen oder es werden Lösun­gen für schwe­lende Konflikte gefun­den. Daher nutze ich in meiner Arbeit häufig gezielt Meta­phern. Könnt ihr etwas mit den zwei unter­schied­li­chen Meta­phern des Flug­zeugs anfan­gen? Welche Meta­phern nutzt ihr, um eure Mitmen­schen durch eine bild­li­che Spra­che zu erreichen?

*Wer noch mehr über Meta­phern lesen möchte, dem rate ich, den Beitrag „Das Team in Tier­fi­gu­ren, eine Arbeits­form zur Rollen- und Bezie­hungs­re­fle­xion im Team“ von Frank Natho zu lesen.

28. Februar 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Wenn Werte weh tun

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Seit eini­gen Wochen beschäf­ti­gen wir uns beim Netz­werk­kno­ten inten­siv mit dem Thema Werte. Wir glau­ben, dass die eige­nen Werte und die der ande­ren zu kennen, ein wich­ti­ger Grund­stein für wert­schät­zende Kommu­ni­ka­tion und Perspek­tiv­wech­sel sind. Heißt, sie sind elemen­tar für das Selbst- und das gegen­sei­tige Verständ­nis in der Orga­ni­sa­tion. In der gemein­sa­men Werte­ar­beit haben wir heraus­ge­fun­den, dass unse­rem Team einige Werte ganz beson­ders wich­tig sind.

Sinn­haf­tig­keit, Vertrauen, Aufrich­tig­keit und Aufge­schlos­sen­heit. Das sind jetzt zunächst einfach Wörter. Buch­sta­ben­kom­bi­na­tio­nen, die wir in Klänge und Vorstel­lun­gen über­set­zen können. Die wir verste­hen, weil wir die jewei­lige Spra­che beherr­schen, über kogni­tive Reprä­sen­ta­tio­nen und einen geteil­ten Bedeu­tungs­kon­text verfü­gen. Mit dem Spre­chen über Werte (oder jegli­che andere zunächst nicht fass­ba­ren Konzepte) mani­fes­tie­ren diese sich erst in der Reali­tät.

Gleich­zei­tig bleibt hier das Problem, dass Worte keine Taten sind, sondern sie maxi­mal zu Taten werden können. Diese Schwelle vom Wort zur Tat ist gerade in der Werte­ar­beit oft heraus­for­dernd. Anstren­gend. Unkom­for­ta­bel. Gleich­zei­tig befrei­end und wahn­sin­nig sinn­stif­tend. Und niemals ohne Konse­quen­zen. Über unsere Spra­che unter­tei­len wir die Werte in einzelne, abgrenz­bare Begriffe. In der Reali­tät sind sie alle mitein­an­der verhakt, bedin­gen sich und brin­gen sich gegen­sei­tig hervor – und manch­mal stehen sie auch im Konflikt zueinander.

Wir brau­chen Mut, um etwas zu verändern

Blei­ben wir bei unse­rer Aufzäh­lung von Sinn­haf­tig­keit, Vertrauen, Aufrich­tig­keit und Aufge­schlos­sen­heit. Vertrauen basiert auf Aufrich­tig­keit, gleich­zei­tig kann sich Aufrich­tig­keit unkom­for­ta­bel anfüh­len. Um Sinn­haf­tig­keit in der Zusam­men­ar­beit beizu­be­hal­ten, ist es manch­mal nötig, sich in die Augen zu schauen und zu sagen, was gerade einfach nicht läuft. Keine so angeh­nehme Aufgabe. In diesem Zwischen­raum, dem Konflikt zwischen mehre­ren Werten, wächst ein neuer: Der Scrum Wert Mut.

Wir brau­chen Mut, um unsere Ansich­ten zu teilen. Genauso brau­chen wir Mut (und Aufge­schlos­sen­heit), sie zu hören. Wir brau­chen Mut (und Vertrauen), um uns auf eine gemein­same Basis zu verlas­sen, auch wenn’s gerade so rich­tig wackelt. Ein Kollege etwa, der offen einen Konflikt im Kunden­sys­tem anspricht, der sehr unan­ge­nehm ist und gege­be­nen­falls zur Eska­la­tion führen kann. Oder auch der Mut, den Status Quo zu hinter­fra­gen, auch wenn es unan­ge­nehm ist als Agile Coach und für das System.

An dem Beispiel wird deut­lich, dass Werte­ar­beit kein emotio­na­les Scrabble ist, wo einfach irgend­wel­che passen­den Worte anein­an­der­ge­legt werden, sondern eine stän­dige Entwick­lung, die physisch und zwischen­mensch­lich erleb­bar wird. Ohne beob­acht­bare, hörbare, erfahr­bare Umset­zung hat sie keinen Sinn.Die Arbeit lohnt sich unse­rer Erfah­rung nach. Ob für die Arbeit als Coaches, im Team, als Trainer*innen oder einfach so im Leben: Für ressour­cen­ori­en­tier­tes Arbei­ten und Perspek­ti­ven­wech­sel ist das Kennen der Werte so wich­tig, weil schon die Refle­xion zu ihnen eine Haltung formt. Und die Haltung bedingt die Perspek­tive auf die Welt.

Wir können also verspre­chen, dass Werte­ar­beit etwas verän­dert. Immer. Verän­de­run­gen machen manch­mal Angst und deshalb brau­chen wir auch hier wieder unse­ren Wert der Woche: Mut. Und wissen Sie was? Es lohnt sich.

Wenn Sie Inter­esse daran haben zu erfah­ren, wie sich das hier Beschrie­bene in der Praxis gestal­tet und umset­zen lässt, laden wir sie herz­lich zu unse­rem Meetup “Werte-Work­shop” am 26. März 2020 in unse­ren Büro­räu­men im Prenz­lauer Berg ein.

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