Werte geben Orien­tie­rung, Grafik: Karl Bredemeyer

Werte leiten unser Handeln. Sich ihrer bewusst zu werden, ist der erste Schritt, um unsere Moti­va­to­ren und damit auch uns selbst besser kennen zu lernen. Auf dieser Basis können wir uns auf die Suche machen, wie wir unsere Werte stär­ker in unser Leben brin­gen und auch bei der Arbeit kommu­ni­zie­ren und inte­grie­ren können.

Doing agile vs. Being agile

Wer sich mit agilem Arbei­ten ausein­an­der­setzt, dem wird bewusst, dass es dabei nicht nur um die Einfüh­rung neuer Tools geht. Am eindring­lichs­ten wird das wohl durch die Rollen Scrum Master oder Agile Coach deut­lich: Plötz­lich gibt es eine Person, deren Job es unter ande­rem ist, darauf zu achten, ob die Werte gelebt werden und den Austausch darüber anregt.

Hört man von den agilen Werten wie „Respekt, Mut und Offen­heit“, klingt das für manche nach leeren Wort­hül­sen oder „Nobrai­nern“. Einige Werte halten wir für selbst­ver­ständ­lich, da sie in unse­rem Umfeld normiert wurden. Die entschei­den­den Fragen sind dann: Wie defi­nie­ren wir sie? An welchem Verhal­ten können wir sie bei uns und ande­ren erken­nen? Dazu mehr am Ende des Artikels.

Wo Werte herkommen

Stellt man sich einen Eisberg vor, so lägen Worte – die Erklä­rung der uns wich­ti­gen Werte ebenso wie ein unbe­dach­ter Kommen­tar- und unsere Hand­lun­gen im oberen sicht­ba­ren Bereich.

Werte steck­ten unter der Wasser­ober­flä­che. Sie sind wie unsere Glau­bens- und Denk­mus­ter indi­vi­du­ell und unbe­wusst geprägt durch unsere Fami­lie, Freunde und die Bildungs­ein­rich­tun­gen, die wir besucht haben. Auch die Kultur des Landes, in dem wir aufge­wach­sen und sozia­li­siert wurden, prägt uns. Unsere Denk­hal­tung, also unser „Mind­set“ ist demnach teil­weise ähnlich, teil­weise unter­schied­lich ausgeprägt.

„Achte auf Deine Gedan­ken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Hand­lun­gen. Achte auf Deine Hand­lun­gen, denn sie werden Gewohn­hei­ten. Achte auf Deine Gewohn­hei­ten, denn sie werden Dein Charakter. …“

Diese Worte sind rund 2000 Jahre alt und stam­men aus dem Talmud. Daraus wird klar: Unser Denken, geprägt von unse­ren Werten, steu­ert auch unser Verhal­ten, also das, was nach außen hin wahr­nehm­bar wird.

Das heißt, es gibt einen Zusam­men­hang zwischen dem was wir denken was gut für uns ist und was wir daraus machen. Unsere Norm­vor­stel­lung moti­viert unsere Handlungen.

Daraus kann ich schlie­ßen, dass, wenn ich meine Denk­weise verän­dere, sich auch mein Tun ändert. Und umge­kehrt kann ich durch Verhal­ten mein Denken neu prägen. Damit ist das soge­nannte Mind­set nicht statisch, sondern wandelbar.

In unse­ren Lebens­pha­sen, beson­ders nach einschnei­den­den Erleb­nis­sen, können sich Werte verän­dern. Wenn mein Umfeld meine Werte wider­spie­gelt, sind meine Bedürf­nisse erfüllt und meine Grund­werte stehen an obers­ter Stelle. Ist meine aktu­elle Lebens­si­tua­tion wenig an meinen Werten orien­tiert, können auch Werte, die sonst eine unter­ge­ord­nete Rolle spie­len, plötz­lich an obere Stelle treten. Beispiels­weise ist Autonomie/ Frei­heit für mich viel­leicht kein rele­van­ter Wert bis zu dem Zeit­punkt, zu dem ich eng mit einer auto­ri­tä­ren Führungs­kraft zusam­men­ar­beite und mich kontrol­liert fühle. Daher sind Werte auch ein Spie­gel unse­rer Bedürfnisse.

Warum Werte im Arbeits­kon­text wich­tig sind und ihre Bedeu­tung zunimmt

Je mehr Über­ein­stim­mung es zwischen meinen persön­li­chen Werten und denen in meinem Umfeld gibt, desto reibungs­lo­ser wird die Zusam­men­ar­beit ablau­fen. Das heißt nicht nur weni­ger Konflikte und schnel­lere Zusam­men­ar­beit, sondern auch mehr Zufrie­den­heit und Chan­cen auch lang­fris­tig mitein­an­der zu arbeiten.

Egal ob ich in einem cross-funk­tio­na­len Team arbeite oder mein Unter­neh­men sich auf die Reise in Rich­tung mehr Selbst­or­ga­ni­sa­tion begibt: Benannte Werte geben mir Orien­tie­rung für das tägli­che Tun und Entschei­dun­gen. Auch wenn Werte unter­schied­lich verstan­den und gelebt werden, bilden sie eine Basis für ein grund­le­gen­des Verständ­nis und Identifikation.

Die Bedeu­tung von Werten im Unter­neh­mens­kon­text hat zuge­nom­men: Die soge­nannte „Gene­ra­tion Y“ – wie der Name schon impli­ziert- wünscht sich, dass nicht nur das Indi­vi­duum, sondern auch ein Unter­neh­men sich die Frage stellt, warum es exis­tiert und welchen Sinn es für seine Mitar­bei­ten­den und die Gesell­schaft stiftet.

Die Arbeit mit Werten — Wie kann das aussehen?

In der Werte­re­fle­xion geht es darum seine eige­nen Werte zu ergrün­den und für Dritte verständ­lich zu machen. Auch wenn Werte­ar­beit im 1:1 Coaching und auch im priva­ten Kontext bisher seinen Haupt­an­wen­dungs­be­reich fand, wird es im Arbeits­kon­text zuneh­mend in Teams und Orga­ni­sa­tio­nen genutzt.

Auf persön­li­cher Ebene kann der Fokus darauf liegen, meine Bedürf­nisse und (De-)Motivatoren zu ergrün­den und mit werte­ba­sierte Verhal­tens­än­de­run­gen zu defi­nie­ren. Im Einzel­coa­ching kann dies auf Basis von Refle­xi­ons­fra­gen inten­siv erar­bei­tet werden. Damit kann ich mir selbst Orien­tie­rung geben was für mich “gute Arbeit” bedeu­tet und Erkennt­nisse ablei­ten wie ich dazu beitra­gen kann ein erfüll­tes Arbeits­le­ben zu führen. Quasi ein ganz persön­li­cher Wegwei­ser mit Ziel­be­schrei­bung. Auch im Bewer­bungs­ge­spräch können abge­wan­delte Formen von Werte­ar­beit Einsatz finden.

Auf Team­ebene ist Werte­ar­beit ein wirk­sa­mes Tool, um das Verständ­nis fürein­an­der zu fördern. Die Frage „Was ist uns in der Zusam­men­ar­beit wich­tig?“ bietet Raum für Kommu­ni­ka­tion und ermög­licht, dass Formen der Zusam­men­ar­beit unter­ein­an­der verhan­delt werden. Beson­ders in der Team­buil­ding­phase hilft es zu verste­hen, welche Gemein­sam­kei­ten die Gruppe verbin­den und Iden­ti­fi­ka­tion stif­ten. Unter­schied­li­che Werte zeigen die Perspek­ti­ven­viel­falt im Team. Ein Dialog darüber kann früh­zei­tig mögli­che Konflikt­fel­der sicht- und hand­hab­bar machen. Wir empfeh­len für diesen Kontext die Arbeit mit vorbe­rei­te­ten Werte­kar­ten, die es z.B. von purpose cards gibt. Wir haben für unsere Arbeit mitt­ler­weile unser eige­nes Karten­set entwi­ckelt. In der laufen­den Team­ar­beit bieten sich z.B. in Retro­spek­ti­ven Moving Moti­va­tors an, um zu verdeut­li­chen, wie es um die Erfül­lung meiner aktu­el­len Bedürf­nisse und Werte steht und können somit eine Basis für Verhand­lun­gen im Team sein.

Für Unter­neh­men kann die Erar­bei­tung von gemein­sa­men Werten z.B. auf einer Klau­sur­ta­gung eine span­nende Erfah­rung sein, um zu entde­cken, welche Perspek­ti­ven die Mitar­bei­ten­den in die Firma einbrin­gen und in die Gestal­tung des Unter­neh­mens einflie­ßen lassen. Im Gegen­satz zu vorde­fi­nier­ten Werten aus der Marke­ting- oder Stra­te­gie­ab­tei­lung besteht hier­bei eine größere Chance, dass sich aus so entwi­ckel­ten Unter­neh­mens­wer­ten eine höhere Iden­ti­fi­ka­tion der Mitar­bei­ten­den mit ihrer Orga­ni­sa­tion ergibt.

Wenn Sie Inter­esse daran haben zu erfah­ren, wie sich das hier Beschrie­bene in der Praxis gestal­tet und umset­zen lässt, laden wir sie herz­lich zu unse­rem Meetup “Werte-Work­shop” am 26. März 2020 in unse­ren Büro­räu­men im Prenz­lauer Berg ein.