Grafik: Karl Bredemeyer

Auch ohne der große Redner zu sein nutze ich in meiner tägli­chen Arbeit mit Kolle­gen und Kunden sehr häufig Meta­phern, um mich auszu­drü­cken — etwa, wenn ich versu­che zu erklä­ren, warum agile Projekte häufig länger dauern als klas­si­sche.

Nicht nur im Alltag, sondern auch im Beruf, lassen sich viele Meta­phern finden. Sehr häufig aus dem Bereich Sport oder dem Tier­reich. Ebenso häufig bezie­hen sich diese auf Perso­nen oder Teams, aber nur sehr selten auf die Kern­pro­zesse eines Unter­neh­mens oder das Unter­neh­men als Ganzes. Daher möchte ich euch zwei Meta­phern, die ich als äußerst hilf­reich erachte, näher­brin­gen, ange­lehnt an die Arbeit „Bilder der Orga­ni­sa­tion“ von Gareth Morgan (1997). Zuerst – die Meta­pher in a nutshell:

Das sprach­li­che Stil­mit­tel – Die Metapher

Das Wort „Meta­pher“ kommt aus dem Grie­chi­schen und bedeu­tet „bild­haft Umschrei­ben“ oder „bild­li­cher Ausdruck“. Aus sprach­li­cher Perspek­tive werden Meta­phern als Stil­mit­tel einge­setzt, dabei wird das eigent­li­che Wort (oder die Wort­gruppe) durch ein „Bild“ einer ande­ren Begriffs­gruppe ersetzt. Wie zum Beispiel:

  • Den Ball flach halten
  • Warte­schlange
  • Adler­au­gen
  • Das riecht hier ja wie im Pumakäfig

Durch diese „Sprach­bil­der“ wird die Kommu­ni­ka­tion akti­viert und belebt. Diese bild­haft-meta­pho­ri­sche Arbeits­tech­nik führt bei passen­der Wahl zu einer Reduk­tion der Komple­xi­tät und der Möglich­keit, Zusam­men­hänge aus einem Neuen bis verschlos­se­nen Blick­win­kel zu betrach­ten. Meta­phern rufen bei uns Bilder in den Kopf, die es leich­ter machen, sich etwas zu merken oder sich mit etwas zu iden­ti­fi­zie­ren, nicht nur auf der kogni­ti­ven- also rationalen‑, sondern auch auf der emotio­na­len Ebene.

Die Unter­neh­mens­or­ga­ni­sa­tion und das Flugzeug

Ein paar meiner Kolle­gen vom Netz­werk­kno­ten und ich haben vor Kurzem an einem Work­shop der Flight Levels Academy teil­ge­nom­men. Es geht in diesem Beitrag nicht im Detail um das Gedan­ken-Modell der Flight Levels. Es geht um die Meta­pher des Flug­zeugs, die Klaus Leopold von der Flight Levels Academy exzel­lent verwen­det, um einen konstruk­ti­ven Dialog über Team- und Busi­ness Agili­tät zu führen. Kurz zusam­men­ge­fasst besagt das Modell folgendes:

Level 1 – Je nied­ri­ger ein Flug­zeug fliegt, desto näher ist es zur Erdober­flä­che und es lässt sich das tägli­che trei­ben der Menschen gut erken­nen (Sprich, das Arbei­ten in opera­tio­nel­len Teams).

Level 2 – Je höher das Flug­zeug fliegt, auf desto mehr Flug­zeuge wird es tref­fen und muss sich mit diesen über Flug­rou­ten und der Glei­chen abstim­men (Sprich, die Koor­di­na­tion zwischen mehre­ren Teams, Services oder Produk­ten, um einen Kunden­wert zu generieren).

Level 3 – Je mehr Flug­zeuge unter­wegs sind, desto höher ist das Risiko einer Kolli­sion und daher stim­men sich nicht alle Flug­zeuge einzeln unter einan­der ab, sondern arbei­ten mit der Flug­über­wa­chung zusam­men (Sprich, lassen sich unsere stra­te­gi­schen Ansätze in aktu­elle Produkte und Entwick­lun­gen umset­zen und wie ist der aktu­elle Stand).

Mit Hilfe dieser Meta­pher macht Klaus Leopold sein Model greif­ba­rer: er bringt durch die Meta­pher des Flie­gens ein Bild ins Bewusst­sein, das durch seine Verall­ge­mei­ne­rung hilft, eine Gruppe schnel­ler zu einem einheit­li­chen Verständ­nis zu bringen. 

„Je höher man fliegt, desto mehr Über­blick hat man, man sieht aber auch weni­ger Details. Je nied­ri­ger man fliegt, desto mehr Details sieht man, aber man über­blickt nicht mehr die gesamte Landschaft.“

Klaus Leopold, Leanability

Der Finanz­plan und das Flugzeug

Ebenso verwen­det Julius Bach­mann von Volate die Meta­pher des Flie­gens. Gleich­zei­tig setzt er diese in einem ganz ande­ren Kontext ein. Er nutzt sie, um zu erklä­ren, wie spezi­ell Early-Stage-Start­ups in extre­men Zeiten durch die Meta­pher des Flie­gens einen besse­ren Blick­win­kel auf ihre Finan­zen erhal­ten können. Statt mit dem Finanz­plan einen Ausblick darüber zu geben, wie sich das Unter­neh­men erwar­tungs­ge­mäß entwi­ckeln wird, empfiehlt Julius Bach­mann mit seiner Heran­ge­hens­weise, dass die Wunsch­ent­wick­lung des Unter­neh­mens abge­bil­det wird. Er kombi­niert seine Meta­pher daher mit einem ande­ren wert­vol­len Werk­zeug, nämlich der Methode des “Back­cas­ting“, aber seht selbst:

Beim Flie­gen weiß der Pilot immer, welcher Flug­ha­fen der nächste für eine theo­re­ti­sche Notfall­lan­dung ist. Bei Kurz- und Mittel­stre­cken­flü­gen gibt es hier häufig zahl­rei­che Möglich­kei­ten zwischen Start- und Ziel­flug­ha­fen. Bei Lang­stre­cken­flü­gen wiederum, wie einer Atlan­tik­über­que­rung, sieht das anders aus. Daher führt die Flug­route nah an Island vorbei auch wenn es nicht der direk­teste Weg ist. Auf dieser Flug­route bestehen eine Hand­voll von Möglich­kei­ten. Falls ein Notfall eintritt, weiß der Pilot welche Flug­route er zum Notfall­flug­ha­fen wählen muss.

Prozess: Zuerst stellt man sich eine wünschens­werte Zukunft für das eigene Unter­neh­men vor („Ein Flug­zeug hebt nur ab, wenn es auch einen Ziel­flug­ha­fen hat“). Von dieser wird dann rück­wärts zum heuti­gen Zeit­punkt gear­bei­tet mit dem Ziel, den Geschäfts­mo­dus für das Unter­neh­men zu finden, in dem es am längs­ten über­le­ben kann („…die Lande­bahn für eine Notlan­dung zu kennen“).

Das verein­fachte Model sieht wie folgt aus: 

Die Geschäfts­füh­rung plant somit rück­wärts, ausge­hend von einer zukünf­ti­gen Wunsch­vor­stel­lung und der aktu­el­len Liqui­di­täts­pla­nung, wie sich Planungs­maß­nah­men auf den opera­ti­ven Cash Flow (OCF), den Deckungs­bei­trag und die Umsatz­pla­nung auswir­ken. Ebenso muss der wich­tige Über­trag in den Funnel von Lead­ge­ne­rie­rung im Bereich Vertrieb und Marke­ting statt­fin­den. Eine weiter­füh­rende Erklä­rung des Modells findet ihr hier.

Schritte drei und vier sind hier­bei die essen­ti­ell wich­ti­gen, da hier die Geschäfts­füh­rung aufge­for­dert ist, sich von den jetzi­gen gege­be­nen Rahmen­be­din­gun­gen und Fakto­ren zu lösen, und sich das ideale Unter­neh­mens­sze­na­rio vorzustellen.

Wich­tig hier­bei ist, dass es bei der Arbeit mit Meta­phern auch immer auf die Zuhö­rer und ihre Blick­win­kel auf den Sach­ver­halt ankommt. Durch die Arbeit mit Meta­phern lassen sich Erwar­tun­gen abste­cken, verschie­dene Perspek­ti­ven disku­tie­ren oder Gemein­sam­kei­ten aufde­cken. Häufig eröff­nen sich neue Denk­rich­tun­gen oder es werden Lösun­gen für schwe­lende Konflikte gefun­den. Daher nutze ich in meiner Arbeit häufig gezielt Meta­phern. Könnt ihr etwas mit den zwei unter­schied­li­chen Meta­phern des Flug­zeugs anfan­gen? Welche Meta­phern nutzt ihr, um eure Mitmen­schen durch eine bild­li­che Spra­che zu erreichen?

*Wer noch mehr über Meta­phern lesen möchte, dem rate ich, den Beitrag „Das Team in Tier­fi­gu­ren, eine Arbeits­form zur Rollen- und Bezie­hungs­re­fle­xion im Team“ von Frank Natho zu lesen.