„Wir brau­chen bessere Ticket­qua­li­tät!“, „Die Account­ma­na­ger müssen mehr Fragen stel­len!“ oder „Es braucht ein Temp­late für unsere Anfor­de­run­gen, damit wir alles fest­hal­ten können, was zu tun ist.“ Diese Wünsche und Vorstel­lun­gen kursier­ten in einem der Work­shops, die ich kürz­lich beglei­tete. Kann das Aufstel­len gemein­sa­mer Regeln, um Anfor­de­run­gen zu formu­lie­ren die Lösung sein? Oft sind unsere Kunden der Meinung, dass das der passende Weg für sie ist. Gibt es denn gute Erfah­run­gen, bei denen Regeln zu einer wirk­sa­me­ren Kommu­ni­ka­tion geführt haben oder Templa­tes den Prozess des mitein­an­der Verste­hens effek­tiv ersetzt haben? Viel­leicht. Und trotz­dem möchte ich den Weg vorstel­len, den wir gegan­gen sind.

Gibt es eine wirk­li­che Veränderungsenergie?

Meine erste Frage, die ich der Gruppe stellte, bezog sich auf den Endkun­den. Ich wollte wissen, welches Feed­back es zu den gelie­fer­ten Funk­tio­na­li­tä­ten gibt. In diesem bestimm­ten Fall hatten sich alle Kunden bereits an Verzö­ge­run­gen in der Zeit­pla­nung gewöhnt. Die vorhan­dene Quali­tät schien zu einer hohen Zufrie­den­heit zu führen, sodass von Kunden­seite keine schmerz­haf­ten Konse­quen­zen befürch­tet werden.

Es scheint in der Art und Weise, wie Arbeit heute in dem Unter­neh­men geschieht, eine gutes Feed­back vom Markt zu geben, also warum den Schmerz und das Lernen und den Schweiß in Kauf nehmen und etwas  ändern?

Um diese Frage zu beant­wor­ten, woll­ten wir sehen, wie es heute ist und was wir daraus lernen können. Also verschaff­ten wir uns mit den teil­neh­men­den Abtei­lun­gen einen Über­blick über den aktu­ell geleb­ten (nicht den vorge­se­he­nen und auch nicht den wünschens­wer­ten, sondern den geleb­ten) Prozess und konn­ten dabei sehr schöne Dinge feststellen:

  1. Wir brauch­ten sehr viele Post-it’s und Platz, um den Prozess abzubilden.
  2. Das Wort Prio­ri­sie­rung tauchte zum ersten Mal unge­fähr in der Mitte der Prozess­schlange auf.
  3. Jeder Prozess­schritt wurde auf einem Post-it abge­bil­det. Jede Abtei­lung erhielt ihre eigene Post-it Farbe. Im Endef­fekt gab fünf Farben, die sequen­zi­ell ange­ord­net waren – wie bei einem Staf­fel­lauf.
  4. Unge­fähr nach 2/3 der Prozess­schlange kam zum ersten Mal das Wort Umsetzung/Entwicklung vor.
  5. Aussa­gen wie „Das ist jedoch nur einer von vielen Prozes­sen.“, „Eigent­lich passiert noch X, aber dann wird es zu kompli­ziert.“ oder „Was passiert eigent­lich davor/danach?“ sind bei der Vorstel­lung aufgekommen.

An diesem Punkt darf man gern die Flasche Crémant aufma­chen und ansto­ßen. Haben wir auch gemacht. Hier waren also gute Gründe für eine Veränderung.

Die rich­ti­gen Fragen stellen

Ich habe die Erfah­rung gemacht, dass man über die ehrli­che Beant­wor­tung von ein paar unan­ge­neh­men Fragen sehr schnell auf indi­vi­du­elle Lösun­gen der obigen 5 Beob­ach­tun­gen kommen kann, ohne dogma­tisch an einem bestimm­ten Frame­work für die Arbeits­or­ga­ni­sa­tion fest­zu­hal­ten.

  1. Was ist der Grund für jeden Prozess­schritt? Welche Krite­rien müssen erfüllt sein, um diesen abzu­schlie­ßen? Können wir Schritte zusam­men­fas­sen? Ist es möglich die Krite­rien schon früher zu erfül­len? Wenn ja, an welcher Stelle? Schnel­ler liefern, heißt nicht schnel­ler arbei­ten, sondern klei­nere Happen früher zum Feed­back für den Kunden zur Verfü­gung zu stel­len, damit schnel­ler über­prüft werden kann, ob die initiale Idee rich­tig verstan­den wurde. Wie können wir das even­tu­ell herstellen?
  2. Je früher wir prio­ri­sie­ren, desto weni­ger Last ist auf dem System und das Pull-Prin­zip kann sich entfal­ten. Wie viel ist unsere durch­schnitt­li­che Liefe­rung (pro Tag/pro Woche/pro Sprint)? Wann ist es sinn­voll zu prio­ri­sie­ren? Wer kann diese Entschei­dung tref­fen? Wie können wir diese Entschei­dung tref­fen? Wie oft soll­ten wir diese Entschei­dung treffen?
  3. Welche Vorteile bietet uns eine Staf­fel­stabüber­gabe von Tickets von einer Abtei­lung an die andere? Was muss passie­ren, dass wir Berüh­rungs­punkte zum Ticket­in­halt von nach­ge­la­ger­ten Abtei­lun­gen, früher ermög­li­chen? Welche Quali­täts­kri­te­rien müssen wann erfüllt sein, damit Rahmen­be­din­gun­gen einge­hal­ten werden? 
  4. Jede Person spricht seine eigene Spra­che und hat ihre eigene Reali­tät. Wie können wir unsere Vorstel­lun­gen für andere über­set­zen, um mitein­an­der zu kommu­ni­zie­ren? Wie schaf­fen wir es, dass das Ticket schnel­ler in eine konkrete Funk­tio­na­li­tät gewan­delt wird, um daran zu über­prü­fen, ob die gewähl­ten Worte auch verstan­den wurden? Welcher Prozess ist dien­lich, wenn man weiß, dass man nichts weiß, bevor es der Anwen­der nicht benutzt?
  5. Wie können wir häufi­ger mitein­an­der diese Gedan­ken teilen? Wer hütet den Prozess und fordert die Verant­wort­lich­kei­ten ein? Welche guten Gründe könnte es geben, sich nicht an Richt­li­nien oder Empfeh­lun­gen zu halten? Welches Mandat gibt es für die einzel­nen Betei­lig­ten? Wie lebt es die Führung vor?

Und was passiert eigent­lich, wenn nichts passiert?

Und dann?

Ich darf so viel verra­ten, dass die erar­bei­tete Lösung in der Gruppe kein Temp­late für die Tickets beinhal­tete und einige Fragen allein durch das Stel­len, weitere aufge­wor­fen haben. Wir lieben Probleme! Vor allem, wenn sie von Menschen getra­gen werden, die genauso wie wir Lust haben, diese zu lösen.