3. Juni 2020

Einstim­mig einen Konsens mit Hilfe des Kompro­mis­ses gefunden

Eine rele­vante, fast tägli­che Aufgabe für selbst­or­ga­ni­sierte Teams ist es, Entschei­dun­gen herbei­zu­füh­ren. In unse­rer mehr­tei­li­gen Blog­se­rie beleuch­ten wir verschie­dene Wege, wie Teams ihre Projekte ziel­ge­rich­tet navi­gie­ren können.

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22. April 2020

Entschei­den in selbst­or­ga­ni­sier­ten Teams – syste­mi­sches Konsensieren

Nach­dem wir bereits vor eini­gen Wochen den Mehr­heits­be­schluss unter die Lupe genom­men haben, möch­ten wir uns heute im Teil 2 einer eher unbe­kann­ten Methode nähern: Dem Syste­mi­schen Konsensieren. 

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20. März 2020

Knoten­an­ek­do­ten – Atmen nicht vergessen

Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben — und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Knoten­an­ek­do­ten — Die Frei­tags­ko­lumne vom Netz­werk­kno­ten. Grafik: Karl Bredemeyer

Was für eine Woche. Quasi über Nacht hat sich so viel Funda­men­ta­les in unse­rer Arbeit, unse­rem Alltag geän­dert. Selbst die von uns, die schon länger bestimmte Ideen oder Progno­sen parat hatten, konn­ten nicht wissen, wie es sich anfüh­len wird. Eine Woche liegt hinter uns, in der wir teil­weise mehr über uns gelernt haben, als wir verar­bei­ten können.

Unsere Orga­ni­sa­tion arbei­tet mit Syste­mi­schem Agile Coaching. Da war uns vorher auch schon klar, jetzt haben wir dann am eige­nen Körper gemerkt, was das für unser Sein und Handeln bedeu­tet. Unser vom Agilen Denken gepräg­tes Mind­set hat sofort ange­fan­gen, indi­vi­du­ell und situa­tiv bedingte Lösun­gen und die Wege dahin zusam­men­zu­tra­gen. Wie auch sonst in unse­rem Joball­tag haben wir ein Problem fest­ge­stellt und unsere Erfah­run­gen und Vorstel­lungs­kraft nach mögli­chen Stra­te­gien abge­sucht.
Gleich­zei­tig sind wir genauso Syste­mi­sche Coaches und Fans der syste­mi­schen Zurück­hal­tung. Also beob­ach­ten wir viel, hinter­fra­gen die Ziel­zu­stände und ihre Bedin­gun­gen und brau­chen dafür die Kompe­tenz, die schwer fällt in Zeiten von Krisen: Geduld. Und Mut. Denn gerade in unsi­che­ren Situa­tio­nen fühlt sich ein Perspek­tiv­wech­sel, der ja immer ein Blick ins Unbe­kannte bedeu­tet, zunächst immer an wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett.

In der gemein­sa­men Werte­ar­beit und unse­ren Reflek­tio­nen zur gemein­sa­men Entschei­dungs­fin­dung haben wir fest­ge­stellt, dass wir als selbst­or­ga­ni­sier­tes Team lieber beherzte Entschei­dun­gen tref­fen und diese hinter­her reflek­tie­ren als zu lange nicht zu handeln.

Jetzt, mit COVID-19, der Isola­tion und Unge­wiss­heit, spüren wir deut­li­cher denn je die verschie­de­nen Herzen in unse­rer Brust. Wir sind geübt darin, schnell zu handeln und doch auf sorg­fäl­tige Beob­ach­tung und beson­ne­nes Hinter­fra­gen bedacht. Das kann manch­mal ganz schön unru­hig machen.
Sonst, wenn’s mal unge­müt­lich wird, sagen wir ja auch immer, dass man arbei­ten muss mit dem, was da ist. Und dass das oft schon eine ganze Menge ist. Also versu­chen wir derzeit, wie gewohnt ressour­cen­ori­en­tiert vorzu­ge­hen und die Orga­ni­sa­tio­nen, die wir beglei­ten bei eben­dem zu unter­stüt­zen. Auch wenn die Situa­tion neu ist, die Haltung bleibt die glei­che: Wir glau­ben an trans­pa­rente Kommu­ni­ka­tion, weitest­ge­hend persön­li­chen Austausch, realis­ti­sche Liefer­ein­schät­zun­gen, ein händel­ba­res Back­log, Selbst­ver­ant­wor­tung, Verbind­lich­keit und vor allem Sinn­haf­tig­keit. Weil wir glau­ben, dass es einen Sinn hat. Viel­leicht nicht unbe­dingt in dem Sinne, dass jeder Kata­stro­phe einen posi­ti­ven Zweck haben muss, aber dennoch darin, dass es hilf­rei­che und auch lehr­rei­che Hand­lun­gen in jeder Situa­tion geben kann. Und wir wollen uns vor allem auch alle gegen­sei­tig unter­stüt­zen, beim Einkau­fen und beim Arbei­ten, damit wir uns darauf freuen können, bald wieder im Büro Meetings halten so können, mitein­an­der lachen, feiern, strei­ten und uns umar­men zu dürfen. Und bis dahin: Hände waschen, Skypen, Atmen nicht vergessen.

11. März 2020

Wie Teams nach demo­kra­ti­schem Vorbild entscheiden

Entschei­dun­gen herbei­zu­füh­ren ist eine rele­vante fast tägli­che Aufgabe für selbst­or­ga­ni­sierte Teams. In unse­rer mehr­tei­li­gen Blog­se­rie “Parti­zi­pa­tiv Entschei­den” beleuch­ten wir verschie­dene Wege, wie Teams ihre Projekte ziel­ge­recht navi­gie­ren können. (Teil 1)

Entschei­dun­gen nach dem Mehr­heits­prin­zip werden von Teams manch­mal als träge empfun­den. Grafik: Karl Bredemeyer

Wer schnelle Entschei­dun­gen eines Chefs gewohnt ist, dem mag der Prozess einer gemein­sa­men Entschei­dungs­fin­dung zunächst zäh und vor allem unnö­tig vorkom­men. Doch in der komple­xen bis chao­ti­schen VUCA-Welt ist es ratsam, sich nicht auf die Entschei­dung aus einer Perspek­tive zu verlas­sen, sondern diese in Exper­ten­teams zu fällen. Und auch in Teams können Entschei­dun­gen durch gere­gelte Abstim­mungs­ver­fah­ren effi­zi­ent getrof­fen werden. Ausschlag­ge­bend dafür ist, für welches man sich entschei­det. Wir stel­len auf unse­rem Blog die verschie­de­nen Möglich­kei­ten vor, um einen Über­blick zu bieten und die passende Wahl tref­fen zu können.

Selbst­or­ga­ni­sierte Teams stehen vor allem zu Beginn ihrer Zusam­men­ar­beit vor der Frage, wie sie Entschei­dun­gen tref­fen. Zunächst ist es für die meis­ten eine neue Situa­tion inner­halb der gesetz­ten Commit­ments (z.B. von User Stories inner­halb eines Sprints) frei zu agie­ren und bestim­men zu können. Denn nun heißt es unter­ein­an­der und mitein­an­der entschei­den, wie man ans Ziel kommt. Das kann vor allem zur Heraus­for­de­rung werden, wenn das Team cross-funk­tio­nal und divers gemischt ist. Mit unter­schied­li­chem “Fach­blick” oder Vorprä­gung, verbin­den sich durch­aus verschie­dene Heran­ge­hens­wei­sen oder Denk­hal­tun­gen, um Frage­stel­lun­gen zu begegnen.

Jeder erin­nert sich noch an die Wahl des Klassensprechers

Heute widmen wir uns Entschei­dun­gen, wie sie nach dem Vorbild poli­ti­scher Demo­kra­tie gekannt und nach­ge­ahmt werden. Neben der auto­ri­tä­ren Entschei­dung von Erwach­se­nen ist die Mehr­heits­ent­schei­dung wohl eines der ersten parti­zi­pa­to­ri­schen Entschei­dungs­ver­fah­ren, die wir als Kinder kennen­ler­nen. Stehen mehrere Kandi­da­ten zu Auswahl, schreibe ich meinen Favo­ri­ten auf den Zettel oder stimme per Hand­zei­chen dafür ab. Wie etwa bei der Wahl zum Klassensprecher.

“Wer ist für Sabine? Wer ist für Klaus? Wer ist für Hanne­lore?” könnte in einem Scrum-Team heißen: “Wer ist dafür, dass Tasks nur alleine bear­bei­tet werden sollen? Wer ist dafür, dass Tasks maxi­mal zu zweit bear­bei­tet werden sollen? Wer ist dafür, dass Tasks von x‑beliebig vielen bear­bei­tet werden dürfen?” Der oder die Kandidat/in bzw. die Option mit den meis­ten Stim­men bekommt die Zusage. Bei Gleich­stand entschei­det das Los oder es gibt eine Stich­wahl. In fort­ge­schrit­te­ne­ren Verfah­ren stimme ich jedem Vorschlag aktiv zu, lehne ihn ab oder enthalte mich.

Nur muss klar sein, was “die Mehr­heit” bedeu­tet. Denn davon gibt es unter­schied­li­che Vari­an­ten, mindes­tens vier, die wir an einem Beispiel vermit­teln. Gehen wir davon aus, wir arbei­ten in einem Team mit acht Personen.

  • “Tasks nur alleine bear­bei­ten” bekommt in der Abstim­mung 2 Stimmen
  • “Tasks dürfen zu zweit bear­bei­tet werden” 3 Stimmen.
  • 2 Kolle­gIn­nen stim­men dafür, dass die “Arbeit mit mehre­ren Perso­nen an einem Task möglich” sein soll und
  • eine Person enthält sich.

Bei der Fest­le­gung auf eine rela­tive Mehr­heit, macht “Tasks zu zweit zu bear­bei­ten” das Rennen. Bei dieser Vari­ante kann leicht eine Mehr­heit erlangt werden. Wir können gleich­zei­tig fest­stel­len, dass fünf Kolle­gIn­nen und damit die Hälfte des Teams eigent­lich ande­rer Meinung waren. Daher ist der Gedanke eine Mehr­heit erlangt zu haben rela­tiv. Wie sie mit dem Ergeb­nis wohl umgehen?

Für die einfa­che Mehr­heit hätte die Option “Tasks dürfen zu zweit bear­bei­ten” mehr Zustim­mung, gebraucht als die beiden ande­ren Optio­nen zusam­men. Um sich in der Gruppe durch­zu­set­zen, wären das zum Beispiel vier Stim­men gegen­über zwei und einer Stimme der jeweils ande­ren Optio­nen (bei einer Enthal­tung). Diese Vari­ante benö­tigt also bereits etwas mehr Substanz in der Grundgesamtheit.

Wem die Trag­fä­hig­keit der Entschei­dung durch eine stabile Mehr­heit im Team noch wich­ti­ger ist, sollte auf die abso­lute Mehr­heit setzen: Dafür bräuchte “Tasks zu zweit zu bear­bei­ten” 50%+ 1 Stimme, also mindes­tens fünf Stim­men, um sich durchzusetzen.

Bei einer quali­fi­zier­ten Mehr­heit soll für ein vorher fest­ge­leg­ter Anteil erreicht werden. Das könn­ten z.B. 75% sein, die sich für die finale Option ausspre­chen. In unse­rem Beispiel müss­ten dann sechs von acht Perso­nen sich für den Vorschlag ausspre­chen. Eine Extrem­form der quali­fi­zier­ten Mehr­heit ist das Einstim­mig­keits­prin­zip, bei dem 100%, also das ganze Team, zustim­men müssen.

Was sind die Klip­pen in der Praxis und wie begeg­net man ihnen?

Je mehr Enthal­tun­gen es gibt, desto mehr verwäs­sert das Commit­ment des Teams hinter der Entschei­dung, denn sie werden zumeist nicht in die Grund­ge­samt­heit einbe­zo­gen. Enthal­ten sich beispiels­weise vier Perso­nen der Abstim­mung, bilden drei Fürspre­cher bereits eine abso­lute Mehr­heit. Ebenso wie bei der einfa­chen Mehr­heit besteht das Risiko, dass nicht alle hinter der Entschei­dung stehen, wie es zunächst durch eine schnell errun­gene Abstim­mung scheint. Das wird vor allem dann deut­lich, wenn es um die Umset­zung der Entschei­dung geht und Perso­nen, die dage­gen gestimmt oder sich enthal­ten haben, sich nicht für die Einhal­tung verant­wort­lich fühlen.

Aufgabe eines Scrum Masters oder Agile Coach kann es sein, zu beob­ach­ten und zu erfra­gen, ob vor allem hinter wieder­hol­ten Enthal­tun­gen Ängste oder Stim­mun­gen wie Gleich­gül­tig­keit und Verdros­sen­heit stecken und was das für Auswir­kun­gen haben kann. Weiter­hin kann er oder sie dafür sorgen, dass Einwände bespro­chen und vor einer Abstim­mung gehört werden, um die Entschei­dungs­qua­li­tät zu fördern.

Entschei­dun­gen nach dem Mehr­heits­prin­zip werden von Teams manch­mal als träge empfun­den, auch wenn sie einfach zu hand­ha­ben und schnell umsetz­bar sind. Welche ande­ren Entschei­dungs­ver­fah­ren es gibt, die stär­ker auf die Trag­fä­hig­keit der Gruppe oder ihre Effi­zi­enz setzen, stel­len wir in den kommen­den Wochen in unse­rem Blog vor.

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