Pro Tipp: Agile Coaches sind keine Zirkus-Ponys, die Kunst­stü­cke auffüh­ren. Grafik: Karl Bredemeyer

Zur Arbeit als Agile Coach gehö­ren verschie­dene Aufga­ben­fel­der. Dazu gehört zum Beispiel die Kommu­ni­ka­tion mit den Teams zu den Erwar­tun­gen. Kunst­stück­chen aufzu­füh­ren gehö­ren in der Regel hinge­gen nicht dazu.

Als Agile Coaches arbei­ten wir immer wieder mit verschie­de­nen Teams, die zwar häufig sich, aber sehr selten uns schon kennen. Lernen wir eine neue Orga­ni­sa­tion kennen, steht am Anfang und auch zwischen­durch die Auftrags­klä­rung mit den Teams an. Gerade, wenn man ein Team über­nimmt, das schon Prozesse etabliert hat, ist es hilf­reich, ins Gespräch zu gehen: Um zu verste­hen, was ihnen beson­ders wich­tig ist und woran es viel­leicht noch fehlt.

Diese Auftrags­klä­rung wird gele­gent­lich miss­ver­stan­den. Das kann zum Beispiel so ausse­hen: „Ich als Agile Coach erkläre euch, wie die Welt funk­tio­niert.“ Oder von der ande­ren Seite: “Wir das Team erklä­ren Dir Agile Coach deinen Auftrag.“ Eine der skur­rils­ten Anfra­gen in meiner Arbeit lautete: „Wir wollen bitte nicht immer das glei­che Retro-Format haben. Es wäre schön, wenn du bei jeder Retro etwas Neues mit uns machst.“ Auf meine Rück­frage, ob das einen inhalt­li­chen Grund habe oder ob es eher ums Enter­tain­ment ginge, fiel die Antwort zumin­dest nicht eindeu­tig zuguns­ten des Inhalts aus. Meine Antwort:

“I’m not a circus pony to perform tricks. I want to work with you. If a new or speci­fic format is what we need then I will provide one. But only then.”

(“Ich bin kein Zirkus­pony, das Kunst­stü­cke aufführt. Ich will mit euch arbei­ten. Wenn eine neue Methode oder ein spezi­fi­sches Format sinn­voll ist, dann werde ich das nutzen. Aber nur dann.”)

Wir sind keine Allwissenden

Agile Coaches gelten häufig als gut gelaunte, gerne unter­hal­tende Menschen. Stimmt dahin­ge­hend, dass wir gerne vor Menschen stehen und Freude daran haben, sie zu befä­hi­gen, ihre Arbeit ange­neh­mer und lösungs­ori­en­tier­ter zu gestal­ten. Was wir nicht sind: Wunderheiler*innen. Unter­hal­tungs­pro­fis. Allwis­sende. Und wie oben beschrie­ben, wir sind auch keine Ponys.

Daher ist uns das Arbei­ten auf Augen­höhe wie auch Trans­pa­renz sehr wich­tig. Wie lassen sich die Erwar­tun­gen wert­schät­zend ab- und anein­an­der anglei­chen, ohne dass es zu Frus­tra­tion oder Über­le­gen­heits­ge­füh­len auf der einen oder ande­ren Seite kommt?
Für den Fall, dass man als Agile Coach in so einer Situa­tion steckt, geht die Arbeit mit Inter­ven­tio­nen direkt bei der Auftrags­klä­rung los:

  1. Deut­lich machen, dass es um die Zusam­men­ar­beit auf Augen­höhe geht. Weder das Team steht über dem Coach noch der Coach über dem Team. (Die Vari­ante des devo­ten Teams, das gerne geführt werden will, gibt es natür­lich auch).
  2. Expli­zit machen, wofür man zur Verfü­gung steht und wofür nicht. Der zweite Teil ist viel­leicht sogar noch wich­ti­ger als der erste.
  3. Verein­ba­ren und fest­hal­ten, welche Aufga­ben beim Coach liegen und welche beim Team.
  4. Wir sind gemein­sam für die Liefe­rung verant­wort­lich, jede*r in der eige­nen Rolle und Disziplin.

Wir hantie­ren nicht mit Zauber­tricks, sondern finden Lösungen

Sind die Erwar­tun­gen und vor allem auch die Exper­ti­sen und Möglich­kei­ten trans­pa­rent kommu­ni­ziert, lässt sich immer noch gemein­sam mit den Teams über das indi­vi­du­elle Wie spre­chen. Denn inner­halb unse­rer Exper­tise – als Agile Coaches, nicht als Ponys – sind wir sehr bereit, unse­ren Metho­den­kof­fer und Erfah­rungs­schatz so maßge­schnei­dert wie möglich auf den einzel­nen Fall hin einzu­set­zen. Wir lösen primär Probleme (auch das unter­schei­det uns übri­gens stark vom Zirkus-Pony) und dafür ist es wich­tig, jede Heraus­for­de­rung eigen­stän­dig zu betrach­ten und nicht mit vermeint­li­chen Zauber­tricks zu hantie­ren, die angeb­lich jedes Problem lösen können.

Der Prozess und die gemein­same Arbeit machen dann tatsäch­lich sehr viel Spaß, gerade weil die Teams mitge­stal­ten dürfen und sich nicht als Zuschauer*innen berie­seln lassen müssen. Außer­dem ist unser Wunsch ja, am Ende über­flüs­sig zu werden und die Struk­tu­ren zu schaf­fen, die es den Teams ermög­li­chen, selbst die gewünsch­ten Lösun­gen zu finden und umzu­set­zen. Und dazu gehört nicht, für eine Karotte im Kreis zu traben.