Erin­nern Sie sich an die letzte Situa­tion, in der Ihr Mut gefragt war?

Stel­len Sie sich etwas vor wie: Eine/r Ihrer Kolle­gIn­nen äußert in einem hoch­ran­gi­gen Meeting eine provo­kante These, die den Status Quo hinter­fragt. Die Stim­mung kocht hoch, die Mehr­heit der Anwe­sen­den reagiert empört bis verächt­lich auf den Einwand — und Sie? Sie sitzen mit klop­fen­dem Herzen da, weil Sie der kontro­ver­sen Ansicht inner­lich zustim­men undsie­ebenso fürüber­den­kens­wert­hal­ten. Wann ist der Moment gekom­men, an dem Sie allen offen­ba­ren, dass auch Sie sich dafür ausspre­chen, das Thema kriti­scher zu betrach­ten? Gehen Sie das Risiko ein, von Ihren Kolle­gIn­nen­ver­lacht zu werden?

Grafik: Karl Bredemeyer

Bei der Betrach­tung für Erfolgs­fak­to­ren von Verän­de­rungs­pro­zes­sen rich­tet sich der Blick oft zunächst auf den oder die Initiator/in und welche Eigen­schaf­ten diese Person mitbringt, um Neues erfolg­reich zu machen. Aber wie entsteht Verän­de­rung? Aus einer Äuße­rung oder Hand­lung einer Prot­ago­nis­tin oder eines Protagonisten? 

Derek Sivers führt in seinem TED-Talk 2010 anhand eines unter­halt­sa­men Festi­val­vi­deos vor Augen, was und wen es braucht, um eine Verän­de­rung anzu­sto­ßen, und wie der Funke auf andere Menschen über­springt, sodass sie ihre Beden­ken, Bequem­lich­keit oder Scham über­win­den, um “loszu­le­gen”. Dabei bringt er die These auf, dass die Ersten, die sich einer Idee oder Meinung anschlie­ßen, eine unter­schätzte Rolle in der Führung von Verän­de­rungs­pro­zes­sen einneh­men. Diese “First Follower” sind in den Augen Sivers für den Prozess die eigent­li­chen Helden: “Wenn der/ die Initiator/in der Zünd­stoff ist, ist die Person, die sich anschließt, der Funke, der das Feuer entzün­det.” (“If the leader is the flint, the first follower is the spark that makes the fire.”)

“Wenn Du eine einsame Nuss siehst, die etwas Tolles macht: Habe den Mumm, die erste Person zu sein, die auf steht und mitmacht.” (“When you find a lone nut doing some­thing great, have the guts to be the first person to stand up and join in.”)

Sivers sagt, dass die zweite Person, die sich anschließt, den Wende­punkt darstellt, da sie wiederum “beweist”, dass der erste Follower offen­bar eine gute Entschei­dung getrof­fen hat (“The second follower is a turning point: it’s proof the first has done well.”). In der Long Version seines Festi­val­vi­deo-Beispiels gibt es immer wieder Menschen, die Inter­esse zeigen, aber nicht die Stim­mung erzeu­gen, weitere anzu­ste­cken. Sie laufen vorbei, kopie­ren eine Bewe­gung, lassen sich filmen und gehen zu ihren Freun­dIn­nen zurück. Der „ausschlag­ge­bende First Follower”, der den entschei­den­den Impuls setzt, weitere zu moti­vie­ren, bringt schein­bar andere Quali­tä­ten mit. Welche sind das?  Reicht allein der Fakt, dass er nicht der Erste ist, der die Passi­vi­tät der Masse durch­bricht? Liegt es an seiner Moti­va­tion, wirk­lich mitzu­ma­chen und Spaß zu haben, statt nur für einen kurzen Moment eine Mutprobe zu bestehen und sich auf dem Video mit einem witzi­gen Typen zu verewi­gen? Oder besteht seine Quali­fi­ka­tion darin der Trend­set­ter in einer Gruppe vieler Freunde zu sein, dessen Verhal­ten gerne kopiert wird?

TAKE AWAY 1: Eine Lerche macht noch keinen Morgen

Viel­leicht ist es auch erst die dritte oder vierte Person, die den ande­ren signa­li­siert, dass das Risiko trag­bar ist? Ein Einzel­ner, der sich anschließt, löst in den meis­ten Fällen auch noch keine Bewe­gung aus. Dennoch sind es neben fördern­den Rahmen­be­din­gun­gen vor allem Menschen, die als Kata­ly­sa­tor für Verän­de­run­gen wirken. Wieder­holte Nach­ah­mun­gen formen den Prozess. Verän­de­run­gen werden real, wenn sie auspro­biert oder umge­setzt werden und damit für andere sicht- oder spür­bar sind. 

Daher setzt der Netz­werk­kno­ten auf Pilot­pro­jekte und menschen­nahe Beglei­tung im Prozess statt auf Stan­dard-Konzepte und Power-Point-Präsentationen.

TAKE AWAY 2: Ähnli­chen Menschen vertraut man schneller 

“Menschen, die A kauf­ten, kauf­ten auch B” kennen Sie. Und sicher hören sie lieber den Rat eines Menschen, der ihnen schon einmal einen hilf­rei­chen Tipp gege­ben haben. Was heißt das nun für Verän­de­rungs­pro­zesse? Dass es sich lohnt, darüber nach­zu­den­ken, wen man in das initiale Team eines Verän­de­rungs- oder Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lungs­pro­zes­ses wählt und Menschen iden­ti­fi­ziert, die für sich nicht nur unter­ein­an­der ergän­zen, sondern auch zu unmit­tel­ba­ren und stra­te­gi­schen Stake­hol­dern Verbin­dungs­ele­mente aufwei­sen. Menschen, mit denen man fach­li­che Stand­punkte, Werte, vorhe­rige Projekt­er­fah­rung oder persön­li­che Gemein­sam­kei­ten mitein­an­der teilt, schei­nen vertrau­ens­wür­di­ger und erhö­hen damit die Wahr­schein­lich­keit, dass ihnen nach­ge­ahmt wird oder man sich von ihnen über­zeu­gen lässt. 

Für uns ist es auch nach der Auftrags­klä­rung wich­tig, Team und Stake­hol­der in einem mode­rier­ten Rahmen mitein­an­der in Kontakt zu brin­gen, um die Leit­mo­tive des Gegen­übers (neu) kennen­zu­ler­nen und gemein­same Ziele zu defi­nie­ren. Idea­ler­weise gibt es bereits zu Beginn der Zusam­men­ar­beit auch die Möglich­keit sich auch auf persön­li­cher Ebene besser kennen- und schät­zen zulernen. 

TAKE AWAY 3:Mutig sein hört nicht auf

Ist das Ziel, andere an einem neuen Prozess zu betei­li­gen und eine gemein­same Rich­tung zu finden, so bedeu­tet das höchst­wahr­schein­lich auch, dass Verhal­ten hinter­fragt und neu erlernt werden muss. Die Anpas­sung der Gewohn­hei­ten liegt jedoch keines­falls nur bei den Nach­ah­me­rIn­nen! Moti­va­tion und Wissen quasi “Open Source” weiter­zu­ge­ben, ohne selbst daran fest­zu­hal­ten sind die nächs­ten Zuta­ten für ein erfolg­rei­ches Verän­de­rungs-Rezept. Denn zur Verän­de­rung gehört auch, dass die “Mitma­che­rIn­nen” viel­leicht andere Zuta­ten hinzu­fü­gen oder das Rezept anpas­sen. Um eine weit­rei­chende Bewe­gung zu schaf­fen, braucht es einen Ideen­ge­ber, der fähig ist, aus der Hand zu geben.  Sein “Dienst an der Gesell­schaft” ist mit der posi­ti­ven Reso­nanz nicht been­det, sondert fängt gerade an. Und gibt er ande­ren nicht die Frei­heit, seine Idee, das “Was”, zu adap­tie­ren und das “Wie” indi­vi­du­ell auszu­ge­stal­ten, wird der Wirkungs­grad der Unter­neh­mung begrenzt sein. 

Zu unse­ren Aufga­ben gehört es daher nicht nur, das Team “fit zu machen”, sondern auch Produc­tOw­ner und Führungs­kräfte in Ihrer neuen Rolle zu begleiten.

TAKE AWAY 4:Die initia­len Follo­wer­wer­den zu “neuen Leadern” im Prozess

“Eine Bewe­gung, eine Verän­de­rung muss öffent­lich passie­ren. Stellt sicher, dass bisher nicht Betei­ligte die Menschen sehen, die sich anschlie­ßen — nicht die Person, damit begon­nen hat”, rät Sivers: 

A move­ment must be public. Make sure outsi­ders see more than just the leader. Ever­yone needs to see the follo­wers, because new follo­wers emulate follo­wers — not the leader.”

Einer­seits muss der oder die “Vortänzer/in” über eine Portion Über­mut verfü­gen und die Bereit­schaft zeigen, ein Risiko einzu­ge­hen. Dazu gehört, wie in Takea­way 3 beschrie­ben, auch die beid­sei­tige Bereit­schaft, loszu­las­sen und die Offen­heit, die Vorstel­lung gemein­sam neu zu model­lie­ren. Außer­dem ist auch ein Selbst­ver­ständ­nis der Intiatorin/ der Initia­tors nötig, welches zulässt, Aufmerk­sam­keit und Verant­wor­tung abzu­ge­ben. Viel­leicht hatte er oder sie gerade noch ein abso­lu­tes Adre­na­lin-High aus der eige­nen Idee und zusätz­lich noch der Reso­nanz der ande­ren dafür. Trotz­dem heißt es nun, Wissen zur Verfü­gung zu stel­len und andere darin zu bestär­ken, selbst die Rolle einzu­neh­men, mit eige­nen Vorstel­lun­gen voran­zu­ge­hen. Will unser/e Vortänzer/in, dass der Spirit seiner Tanz­mo­ves auch in ande­ren Städ­ten weiter­lebt, muss er ande­ren begreif­lich machen, was es heißt, Vorschuss­lor­bee­ren zu erbrin­gen. Will er oder sie, dass es mehr Tänze­rIn­nen auf dieser Welt gibt, gilt es, von der Initia­to­rIn­nen in die Mento­rIn­nen­rolle zu wech­seln, um andere zu befä­hi­gen. In unse­rem Beispiel heißt das: Neue Tänze­rIn­nen ausbilden.

Auch der Netz­werk­kno­ten bildet aus! Neben unse­rer Ausbil­dung zum Syste­mi­schen Agile Coach geben wir auch verschie­dene Trai­nings. Selbst­ver­ständ­lich konzi­pie­ren wir auch Work­shops nach Ihren Bedürf­nis­sen. Nehmen Sie gerne unver­bind­lich Kontakt mit uns per E‑Mail oder Tele­fon auf. Wir freuen uns Sie kennenzulernen!