Grafik: Karl Bredemeyer

Die momen­tane Situa­tion ist für uns alle neu. Kein Poli­ti­ker, Bürger, Wissen­schaft­ler oder sons­tige Experte kennt den zu hundert Prozent rich­ti­gen Weg und das Gute ist: Das behaup­tet auch niemand. Statt­des­sen gehen die Verant­wort­li­chen recht beson­nen, auf Zahlen gestützt und trans­pa­rent mit der Situa­tion um.

Natür­lich passie­ren im Umgang mit solch komple­xen Situa­tio­nen auch Fehler bezie­hungs­weise Fehl­ein­schät­zun­gen, die dann aber auch öffent­lich einge­räumt und revi­diert werden. Hier am Beispiel der flächen­de­cken­den Schul­schlie­ßun­gen im Inter­view mit Viro­loge Chris­tian Dros­ten zu sehen. In der ersten Folge wird dazu gera­ten, nur punk­tu­ell in Regio­nen mit hohen Infek­ti­ons­zah­len, die Schu­len zu schlie­ßen. In Folge 12 erwähnt er dann eine Studie, auf Grund derer Dros­ten flächen­de­ckende Schul­schlie­ßun­gen neu bewer­tet hat.

Noch Anfang letz­ter Woche war ich selbst nicht in der Lage, die Situa­tion in vollem Umfang zu erfas­sen. So wie wir zu Zeiten einer Welt­meis­ter­schaft etwa 80 Millio­nen Fußball­trai­ner in unse­ren Reihen haben, so schien es mir, in diesen Zeiten von 80 Millio­nen Viro­lo­gen umge­ben zu sein, die alle nach ihrer ganz persön­li­chen Wahr­neh­mung handeln. 

Seit eini­gen Tagen fällt aller­dings auf, dass immer mehr Menschen die Warnun­gen ernst nehmen und zum eige­nen Wohl sowie zum Wohle aller zu Hause blei­ben. Das hat auch mit dem Vorge­hen der Entschei­dungs­trä­ger zu tun.

Die Dinge, die Agili­tät für mich aus- und sinn­voll machen, sind Trans­pa­renz in der Kommu­ni­ka­tion und der Entschei­dungs­fin­dung von Hand­lun­gen, Über­prü­fung der Hand­lun­gen und Anpas­sung dieser an den Stel­len, an denen es Sinn ergibt. Wir gehen also in kurzen Itera­tio­nen vor, tref­fen auf zahlen­ge­stützte Entschei­dun­gen, kommu­ni­zie­ren trans­pa­rent und lassen uns durch Kompe­tenz leiten. Die glei­che Heran­ge­hens­weise ist im Umgang mit der aktu­el­len Krise zu beobachten. 

Wer sollte in Entschei­dun­gen einbe­zo­gen werden?

Lead by Compe­tence: Es ist beru­hi­gend zu sehen, wie die Wissen­schaft in unse­rem Land aktu­ell schein­bar die Führung über­nom­men hat. Virologen*innen, Epidemiologen*innen und Wirtschaftswissenschaftler*innen sind omni­prä­sent, kommu­ni­zie­ren sach­lich und infor­ma­tiv direkt zur Bevöl­ke­rung und werden von der Poli­tik aktiv an der Entschei­dungs­fin­dung zum Umgang mit dieser Krise einbezogen. 

Wie lässt sich am besten auf komplexe, noch nie dage­we­sene Situa­tio­nen reagieren?

Itera­ti­ves Vorge­hen: Es war zu beob­ach­ten, dass die Verant­wort­li­chen in gefühl­ten 1‑Ta­ges-Sprints die Situa­tion immer wieder neu evalu­iert und ihr Handeln dementspre­chend ange­passt haben. Schlie­ßun­gen von Kinder­gär­ten und Geschäf­ten, Absa­gen von kultu­rel­len Veran­stal­tun­gen sowie Ausgangs­ein­schrän­kun­gen sind abso­lut einschnei­dend und mit gravie­ren­den Konse­quen­zen verbun­den. Diese Entschei­dun­gen zu tref­fen erfor­dert viel Finger­spit­zen­ge­fühl und eine genaue Bewer­tung der Sach­lage, die sich fast täglich verän­dern kann. 

Wie lässt sich fest­stel­len, ob wir auf dem rich­ti­gen Weg sind?

Empi­rie: Diese Evalua­tion findet auf Grund­lage neuer Zahlen, zum Beispiel Anzahl an bestä­tig­ten Fällen, Toten, Gene­se­nen oder verfüg­ba­ren Kran­ken­haus­ka­pa­zi­tä­ten statt. Die Aussa­ge­kraft dieser Zahlen ist im euro­päi­schen Vergleich hoch, da wir in Deutsch­land beson­ders viel testen und sehr früh damit ange­fan­gen haben. Hier­durch erhal­ten wir einen sehr guten Über­blick über die Gesamt­si­tua­tion und sind in der Lage dementspre­chend sinn­volle Entschei­dun­gen bezüg­lich weite­rer Maßnah­men zu treffen. 

Wie lässt sich Verständ­nis und Vertrauen für und in das Handeln der verant­wort­li­chen Perso­nen erhöhen?

Trans­pa­renz: Diese so akri­bisch gesam­mel­ten Zahlen sind stets öffent­lich und werden zusätz­lich immer mit dem Hinweis verse­hen, dass sie ein Blick in die Vergan­gen­heit darstel­len und dass die Dunkel­zif­fer wesent­lich höher vermu­tet wird. In den Daily Stand-Ups, hier in Form von tägli­chen, öffent­li­chen Updates der Behör­den, hat jede*r Bürger*in die Möglich­keit sich zu infor­mie­ren und auf den neus­ten Stand gebracht zu werden. Insti­tu­tio­nen wie das Robert-Koch-Insti­tut oder der sehr bekannte Podcast von Chris­tian Dros­ten (mitt­ler­weile auch eine Insti­tu­tion) sind hier nur als zwei aus einer Viel­zahl von Möglich­kei­ten zu nennen. 

Auf Grund des bishe­ri­gen Vorge­hens bin ich zuver­sicht­lich, dass wir verant­wort­lich im Sinne der Gesell­schaft handeln und das momen­tan Rich­tige tun. So lange, bis uns entwe­der die Zahlen oder ein ande­res Ereig­nis (zum Beispiel Impf­stoff oder neue Behand­lungs­me­tho­den) eine andere Rich­tung vorge­ben. Ich würde es begrü­ßen, wenn wir uns einige der beschrie­be­nen Verhal­tens­wei­sen auch für die Zeit nach Corona erhal­ten und für uns nutzen. Ich denke hier auch an die demons­trierte Schnel­lig­keit und Hand­lungs­fä­hig­keit der Poli­tik. Es wäre doch wunder­bar, wenn wir zum Beispiel in Sachen Umwelt­schutz in Zukunft ähnlich schnell, fakten­ba­siert, unter Einbe­zie­hung der führen­den Wissen­schaft­ler und wenn nötig auch ähnlich einschnei­dend reagie­ren würden. 

Ich werde weiter­hin versu­chen diese beson­dere Zeit ganz bewusst und aufmerk­sam zu erle­ben, um zu beob­ach­ten, welche unfrei­wil­lig aufer­leg­ten Verhal­tens­wei­sen sogar etwas Gutes mit sich bringen. 

Euch alles Gute, bleibt gesund und wenn möglich, kümmert euch umeinander.