Was wir gelernt, worüber wir gelacht und was wir verges­sen haben – und was wir ganz bestimmt nicht noch­mal machen. Jeden Frei­tag frisch aus dem Berli­ner Büro.

Grafik: Karl Bredemeyer

Wir vom Netz­werk­kno­ten beschäf­ti­gen uns den ganzen Tag mit Verän­de­run­gen. Wir beglei­ten Orga­ni­sa­tio­nen dabei, ihre Zusam­men­ar­beit dahin­ge­hend zu verän­dern, dass am Ende alle, von den Team­mit­glie­dern über die Stake­hol­der bis zu den Kund*innen besser durch den Tag kommen. Mehr Freude, weni­ger Bugs, realis­ti­schere Ziele. So der Anspruch.

Was ist eigent­lich eine Verän­de­rung? Wie defi­nie­ren wir die? Und was machen wir mit dem Teil, der sich nicht in Zahlen messen und über­set­zen lässt? Klar, um als Team Ziele zu errei­chen und umzu­set­zen, bedarf es zual­ler­erst einer Defi­ni­tion derer. Laut der SMART Regel soll­ten Ziele keine Akti­vi­tä­ten, sondern Zustände sein. Die Idee ist folgende: Zunächst gilt es, sich in die Zukunft zu verset­zen, also: Was möchte ich am Ende des Projekts erreicht haben? Das Ganze wird dann am Besten in der Gegen­warts­form und posi­tiv formu­liert. Verglei­che helfen nicht, statt­des­sen sollen die Ziel­zu­stände möglichst konkret vorlie­gen. Also statt „Die Kosten sollen nied­ri­ger werden“ sagen wir: „Die Kosten liegen bei x.“ Um das Ganze zu über­prü­fen eignen sich dann Fragen wie „Was wurde erreicht“ oder „Was ist mein Ergeb­nis“ besser als „Was wurde getan?“ 

Schön. So einfach die Formel auch ist, irgend­wie geht die Umset­zung doch teil­weise dane­ben. Warum eigent­lich? Was wir in unse­rer Arbeit immer wieder beob­ach­ten: Statt die Konzepte in unse­rem Kopf zu verän­dern, tendie­ren wir Menschen dazu, ihnen einfach mit einem neuen schi­cken Wort einen neuen Hut aufzu­set­zen. Viel­leicht hören wir deshalb ab und zu, unser Ansatz sei „alter Wein in neuen Schläu­chen. “Ist es aber nicht. Verän­de­rung ist eben so viel mehr als Renaming. Wenn wir uns dage­gen entschei­den, Ziele zu leveln, dann erset­zen wir natür­lich „Level 1“ nicht mit „Ziel­zu­stand 1“. Es geht nicht darum, eine Check­liste einmal durch­zu­ha­ken und dann krie­gen wir alle ein Zerti­fi­kat A und müssen uns nie wieder mit dem Thema beschäf­ti­gen. Schön wär’s!

Stimmt nicht, eigent­lich wäre das gar nicht schön. Denn genau das macht unsere Arbeit und die Welt so aufre­gend: Es geht immer weiter, ein verän­de­rungs­freier Gesamt­zu­stand exis­tiert nicht. Das sind gute Neuig­kei­ten – die Erde dreht sich weiter. Konkret geht es in der gemein­sa­men Arbeit mit den Kund*innen also immer darum, die Zustände, die erreicht werden sollen, zu beschrei­ben und dann einzu­schät­zen, wo wir dann stehen. Das Ganze sind flie­ßende Über­gänge, keine abge­schlos­se­nen Stufen. Wir verglei­chen das gerne mit dem Erwach­sen­wer­den: Klar, mit 18 dürfen wir alle dann Auto fahren und Schnaps trin­ken (aber nicht gleich­zei­tig!) und sind mündig – aber sind wir deshalb erwach­sen? Genauso verhält es sich mit allen Ziel­zu­stän­den. Sie sind dyna­misch, sie sind komplex, sie sind nicht komplett fassbar. 

So simpel das klingt, so einfach ist es häufig in der Praxis nicht. Menschen sind Gewohn­heits­tiere, never change a running system, wir sind unse­ren Konzep­ten und Annah­men treu. Wir verach­ten den alten Wein in neuen Schläu­chen aber ganz unbe­wusst setzen wir unse­ren alten Ideen die ganze Zeit gerne neue Wort­hüte auf. Wenn das mal jemand ande­rem passiert als einer selbst, ist es wich­tig, das Gegen­über nicht lächer­lich zu machen. Es kostet nämlich wirk­lich Mut und ganz einfach auch Übung, Verän­de­rung anzu­neh­men und auch zu gestal­ten. Und dann macht es irgend­wann wahn­sin­nig viel Spaß – und auf dem Weg zum nächs­ten Ziel­zu­stand gibt es dann wieder eine Menge zum Auf-die-Nase-fallen und zu entdecken.