Kleine Versäumnisse – Große Auswirkungen
Vor jeder Zusammenarbeit, insbesondere der mit einem Auftraggeber, steht gewöhnlich die Auftragsklärung. Hier verständigen sich die beteiligten Parteien auf Inhalte und Ausprägungen des Projektes. In der Realität beobachten wir häufig die Tendenz, dieses für alle Beteiligten klärende Gespräch, recht hastig durchführen zu wollen. Wir verstehen das Auftragsklärungsgespräch jedoch als Chance, das Verständnis über den Umfang und das Ziel eines Projektes für alle zu synchronisieren und sogar schon erste Erkenntnisse beim potentiellen Kunden zu ermöglichen. Das im Nachgang beschriebene Vorgehen ist nicht nur hilfreich im Umgang mit externen Kunden. Es kann genauso gut bei der Klärung interner Projekte oder dem Abstecken des Rahmens meiner Rolle als fester agile Coach in einem Unternehmen genutzt werden.
Viele kennen die Situation, persönlich oder aus Erzählungen, am Ende eines Auftrages möglicherweise nicht die Erwartungen des Auftraggebers erfüllt zu haben. Man setzt sich zu Anfang zusammen und spricht über das Projekt und meint alles geklärt zu haben. Am Ende wird sich gewundert, ob damals wirklich die gleichen beteiligten Personen am Tisch gesessen haben und ob über die gleiche Sache gesprochen wurde. In der agilen Welt wird dieses Risiko durch die ihr zugrunde liegende Arbeitsweise (iteratives Vorgehen, Nutzerzentrierung, etc.) schon minimiert und gleichzeitig erleichtert ein klug geführtes Auftragsklärungsgespräch die Arbeit auch hier enorm.
Auftragnehmer versäumen häufig, die Fragen zu stellen, die über die inhaltlich richtigen und wichtigen Punkte wie Umfang, Budget, Dauer, etc. hinausgehen und die sich der Auftraggeber auch selbst häufig noch nicht gestellt hat. Bei der gemeinsamen Erkundung der zugrunde liegenden Motivatoren und Intention für die gewünschte Veränderung, wird unserer Erfahrung nach für beide Seiten schon einiges klarer. Wenn also im Vorfeld nicht über des Pudels Kern gesprochen wurde, wird man sich beim Kunden enorm abarbeiten und sich letztendlich nicht mit den tatsächlichen Herausforderungen befassen. Wir werden also keinen Effekt für den Kunden erzielen und daraus resultierend auch nicht mit der eigenen Arbeit zufrieden sein.
Hilfreiche Unterscheidungen
Um zielgerichtet vorgehen zu können und auch den Umfang des gewünschten Auftrags richtig einzuschätzen, hat es sich bewährt, auf ganz spezifische Unterscheidungen zu achten und zu klassifizieren. Darauf aufbauend dann die richtigen, in unserem Falle systemischen, Fragen zu stellen.
Geschieht der Wunsch nach Veränderung zum Beispiel aus einer Situation der Sicherheit oder Unsicherheit heraus, geht es um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens oder um die Entwicklung des gleichen? In Unternehmen die stark bedroht sind, ist der Raum für Versuche verständlicherweise stark begrenzt. Das Klima ist häufig durch Unsicherheit und Sorge geprägt. Unternehmen, die gesund sind, lassen einem in der Arbeit häufig mehr Freiraum.
„Warum jetzt?!“, eine gleichermaßen simple, wie auch geeignete Frage, kann hier schon zu größerer Klarheit verhelfen.
Geht es in dem Auftrag um die Optimierung bestehender Prozesse oder um die konzeptionelle Erarbeitung ganz neuer Herangehensweisen? Besteht der Auftraggeber auf Vollständigkeit nach Abschluss des Auftrags oder ist iteratives Vorgehen, also der Weg das Ziel?
„Hin zu, weg von?!“ oder “Wenn nicht so, wie dann?!” sind hier wiederum geeignete Fragen, die auch den Auftraggeber mit in die Verantwortung nehmen und in die Lösungsfindung einbeziehen.
Darüber hinaus haben sich Klassifizierungen wie die folgenden für uns bewährt:
- Bedeutet der Auftrag lediglich Informationsgewinnung für den Kunden? Geht es also darum, mit Hilfe unserer Beobachtungen Informationen zu gewinnen und diese zu teilen?
- Handelt es sich um eine Evaluation, also die Bewertung von Beobachtungen und möglichen Handlungsempfehlungen für den Kunden?
- Heißt unser Auftrag, die anfallende Arbeit für den Kunden innerhalb des eigenen Unternehmens zu koordinieren? Also die Bemühungen mehrerer Teams, Abteilungen oder Produkten in eine gemeinsame Richtung zu lenken.
- Geht es um eine Zusammenarbeit? Beispielsweise eine gemeinsame Entwicklung von Produkten oder Services.
Ein gutes Verständnis über diese Unterscheidungen und Klassifizierungen schafft schon sehr viel mehr Klarheit über die Motivation, den Umfang und den Charakter des Auftrages. Wie schon erwähnt, hat sich bei uns außerdem der Gebrauch weiterer systemischer Fragen bewährt. Insbesondere aus den Bereichen ziel‑, lösungs- und ressourcenorientierter Fragen.
Das beschriebene Vorgehen hilft nicht nur uns, die Herausforderrungen besser zu verstehen und schon ein erstes Erwartungsmanagement zu betreiben, die gleichen Effekte stellen sich häufig auch für den Auftraggeber ein.
In diesem Sinne zögern Sie nicht, uns Ihre Herausforderungen und Vorhaben mitzuteilen. Wir freuen uns auf eine sinnvolle Auftragsklärung und eine darauf aufbauende und somit zielführende Umsetzung mit Ihnen.
P.S. Mehr zum Thema Auftragsklärung erfahren Sie auch in dem Modul Organisationsentwicklung unserer Ausbildung zum Systemischen Agile Coach, die im Januar 2021 startet. Der Early Bird mit 15% Rabatt gilt noch den ganzen Oktober 2020.